BERNHARD VETTER . DER BLOG

Erfolgsfaktoren in der Unternehmensnachfolge

13.06.2017

Unternehmensnachfolge ist ein komplexes und für die beteiligten Personen emotional anspruchsvolles Thema. Zunächst ist Nachfolge ein Veränderungsprozess im Unternehmen. Hierfür bieten die verschiedenen Erfolgsfaktorenmodelle des Change Management eine gute Orientierung im Hinblick auf Prozess-, Führungs-, Kommunikations- und Beteiligungsaspekte.

Das Besondere einer Nachfolge im Vergleich zu anderen Veränderungsprozessen ist, dass die treibende Kraft für Veränderungen (der Unternehmer) seine Energie in einen Wandel steckt, die den Fortbestand des Unternehmens ohne seine Person sichert. Insofern ist die Veränderung hinsichtlich der Person des Unternehmers von großer Bedeutung.

Hinzu kommt, dass Unternehmensnachfolge ausschließlich Familienunternehmen betrifft (vgl. Kay, Suprinovič 2013). Eine Besonderheit von Familienunternehmen ist die Kopplung von Familie, Unternehmen und Eigentum, welche ganz unterschiedlich gestaltet ist (vgl. Abbildung, Simon 2011). Das bedeutet, dass neben der Veränderung im Unternehmen zugleich eine Veränderung in der Familie als auch im Eigentum stattfindet. Dies gilt sowohl für den bisherigen als auch für den künftigen Unternehmer.

Für die ‚harten’ Faktoren im Nachfolgeprozess wie Steuer, Recht und Finanzen gibt es gutes Handwerkszeug und entsprechende Beratungsangebote, weniger jedoch für die ‚weichen’ Faktoren, welche nach Baumgartner (vgl. 2009) von besonderer Wichtigkeit sind. Insbesondere die Qualität der Beziehungen zwischen Übergeber und Nachfolger, aber auch zu Mitarbeitern, Familienmitgliedern sowie weiteren Stakeholdern sind ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Weitere Faktoren hat Spelsberg (2011) in seinem wissenschaftlich fundierten Erfolgsfaktorenmodell beschrieben:

Übergabemotivation von Übergebern

Oft ist das Unternehmen das Lebenswerk des Übergebers. Wenn dieser zentrale Lebensinhalt wegfällt, braucht es als Motivation einerseits eine positive Erfolgserwartung in die Übergabe und andererseits eine tragfähige Perspektive für die weitere Lebensgestaltung des Übergebers. Förderlich ist darüber hinaus eine unternehmensunabhängige Altersvorsorge.

Übernahmemotivation von Nachfolgern

Hilfreich ist auf Seite des Nachfolgers eine emotionale Verbindung zum Unternehmen, so dass sich der Nachfolger uneingeschränkt in das Unternehmen einbringt. Darüber hinaus hilft es dem Nachfolger klar zu sein über die eigenen persönlichen und finanziellen Möglichkeiten und Grenzen, sich in das Unternehmen einzubringen.

Kompetenz von Nachfolgern

Eine hohe Kompetenz des Nachfolgers erhöht die Glaubwürdigkeit und Legitimität im Unternehmen und letztendlich den wirtschaftlichen Erfolg. Um der anspruchsvollen Aufgabe der Unternehmensführung gerecht zu werden, braucht es gleichermaßen Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz.

Harmonie in der Unternehmerfamilie

Der Fokus von Spelsberg liegt hier auf familieninternen Unternehmensnachfolgen, welche in einem komplizierten Netz von Familienbeziehungen stattfinden. Insbesondere bei größeren Familien oder Unternehmen, die länger als eine Generation existieren, erhöht sich die Komplexität der Beziehungen. Die Qualität der Beziehungen der Familienmitglieder untereinander kann einen großen Einfluss auf das Gelingen der Nachfolge haben.

Ausgangssituation der Unternehmung

Oft verschlechtert sich die wirtschaftliche Substanz eines Unternehmens vor der Übergabe, was manchmal aus der Motivation zur Weiterentwicklung des Unternehmens, manchmal auch aus verkaufstaktischen Überlegungen herrührt. Ist hingegen die wirtschaftliche Ausgangssituation des Unternehmens gut, ist das Unternehmen attraktiver und der Nachfolger hat mehr Entscheidungsspielraum für die künftige Entwicklung.

Mitarbeiterrespekt gegenüber Nachfolger

Für das Gelingen der Nachfolge ist es für den Nachfolger wichtig, sich schnell den Respekt zu erarbeiten, damit sich die Mitarbeiter von ihm führen lassen. Zudem hat der Respekt gegenüber dem Nachfolger auch Einfluss auf das Wohlbefinden und die emotionale Verbindung zum Unternehmen. Hingegen kann es zu Konflikten führen, wenn Respekt aus der hierarchischen Position heraus gefordert wird, ohne sich diesen zuvor verdient zu haben.

Angesichts der hohen Individualität von Unternehmens- und Familiensituationen sowie von Nachfolgeprozessen ist es sicher ratsam, die für die jeweilige Konstellation hilfreichen Erfolgsfaktoren in den Blick zu nehmen. Darüber hinaus ist es angebracht, sowohl die Erfolgsfaktoren des Change Management als auch diejenigen der Unternehmensnachfolge zu berücksichtigen.

 

Literatur:

Baumgartner, B. (2009). Familienunternehmen und Zukunftsgestaltung. Schlüsselfaktoren zur erfolgreichen Unternehmensnachfolge. Wiesbaden: Gabler.

Kay, R., Suprinovič, O. (2013). Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2014 bis 2018. Daten und Fakten 11. Bonn: Institut für Mittelstandsforschung.

Simon, F. B. (Hrsg. 2011). Die Familie des Familienunternehmens. Ein System zwischen Gefühl und Geschäft. Heidelberg: Carl-Auer.

Spelsberg, H. (2011). Die Erfolgsfaktoren familieninterner Unternehmensnachfolgen - Eine empirische Untersuchung anhand deutscher Familienunternehmen. Wiesbaden: Gabler.